Waschmaschine gegen Gitarre…

Meine Artur Lang

Ein Freund rief an und fragte, ob ich denn (noch) eine alte Gitarre haben wolle… Ich war froh, selber ans Hörrohr gegangen zu sein, denn meine Holde hätte ihn wohl mit Sätzen wie: Davon hat er schon genug… oder: Wo soll er die denn noch hinstellen… abgewimmelt, und die (olle) Gitarre wäre in der Müllverbrennungsanlage gelandet, ein Wurst/Käse Szenario (worst case Szenario…). Ich war also mit der Annahme des Telefonates in einer Zwickmühle: Entweder eine neue Gitarre (Nr.14/15/16 oder so) ins Haus holen, meine Frau gegen mich und meinen Gitarren-Harem aufbringen oder aber meinen lieben Freund ‚enttäuschen‘ der es nur ‚gut‘ mit mir gemeint hatte…

Einen Haken hatte die Sache allerdings: Besagte Klampfe stammte aus dem Nachlass einer ‚älterenDame‘, die ihrer jungen Haushaltshilfe ihren Hausstand hinterlassen hatte, mehr zur posthumen Entsorgung, als dass es ein ‚Erbe‘ gewesen wäre…

Selbige junge Raumpflegerin hoffte, mit dem ganzen Trödel wenigstens so viel zu erwirtschaften, dass dabei eine einfache Waschmaschine, die sie dringend brauchte, herausspringen würden. Und während mein Freund so erzählte, hatte ich Bilder einer geschundenen Wandergitarre, die im Nieselregen, in der Nähe eines Lagerfeuers, in der Sonnenglut oder bei Frost, zu ‚Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen…‘ geschrummt worden war, und die nun gegen eine blitz-blanke Waschmaschine eingetauscht werden sollte…

Und genau das war’s, was mir mein Freund eigentlich sagen wollte: Nimm die Klampfe, unbesehen, egal, was das für ein Drahtverhau sein mag, nagle sie notfalls im Partykeller als Deko an die Wand, aber spendiere der jungen Dame eine vernünftige Waschmaschine… Nun hatte ich also zwei (oder drei?) Probleme: Meine Frau im Nacken und die andere, junge Frau vor der Brust… (und die alte Dame mit ihrer sehr wahrscheinlich verhunzten Wanderklampfe vor meinem inneren Auge…) Es galt nun also, meiner lieben Frau (und mir…) argumentativ die edle Tat schmackhaft zu machen:

Symbolische, olle Klampfe gegen dringend benötigte Waschmaschine für junge Frau in sozialer Schieflage… Nein-sagen ging also nicht, wie sollte ich je wieder in den Spiegel schauen können?! Nach kurzer Waschmaschinen-Preis-Recherche mit temporärer Schnappatmung, hab ich dann aber mutig und aus vollster sozialer Überzeugung zum mittleren Preissegment gegriffen und das Geld vom Konto geholt. So ausgestattet habe ich eines Abends bei obigem Freund besagtes Geld treuhänderisch gegen einen Gitarrenkoffer samt Inhalt getauscht und über einem guten Single Malt, einem weiteren Single Malt (oder waren’s noch zwei?) vergessen, überhaupt einen Blick auf das ‚Ding‘ zu werfen. Vielleicht wollte ich mir aber auch nicht die Blöße geben, ein neues Weißgerät gegen ein altes Sch…-Gerät eingetauscht zu haben, gute Tat hin, gute Tat her… man weiß ja nie! Oder?

Am nächsten Tag fand ich im dem buckeligen Koffer eine Schlaggitarre mit Tonabnehmer, zwei ordentlich aufgewickelte Diodenkabelchen und einen NOS-Satz geschliffener Saiten. Was da vor mir lag, hat mich nicht vom Hocker gerissen, denn mit dem Logo zwischen den Mechaniken, die irgendwie nach Wandergitarre (aaah, die befürchtete Wanderklampfe…) aussahen, konnte ich nix anfangen. Aber bei genauerem Hinschauen sah die Gitarre aus wie neu; recht schöner Körper, ansprechende Proportionen, blond, schlanker Hals… (ähm, ich schweife gerade ab) Ergo: Was’n das? Als ich sie dann aus ihrem Koffer nahm, in dem sie wohl seit Jahrzehnten unangetastet gelegen hatte, klang sie sofort, allein durch die Berührung…

Ich mach’s kurz: Mit den Uraltsaiten war sie nach kurzem Stimmen spielbar, auf dem ganzen Griffbrett, in allen Lagen, ausnahmslos präsent, glockenklar, ohne aufdringlich oder zu laut oder zu leise zu sein. Der schwebende Pickup lieferte mit meinem alten Dynacord-Jazz Röhren-Amp einen fantastischen Sound. Zusammen sind die Oldies so ziemlich 120 Jahre alt…

Die spärlichen Hinweise, die ich damals bei der Recherche mit den Suchworten „Kopfplatte mit Notenschlüssel und den Buchstaben L und A“ fand, halfen mir nicht wirklich weiter, von Artur Lang hatte ich bis dato noch nie etwas gehört.

Mittlerweile scheint sich Dank der erstklassigen ‚Aufklärungsarbeit‘ nicht zuletzt dieser Homepage, der Name Artur Lang (wieder) etabliert zu haben, und wenn mir jemand anerkennend zunickt, dann wohl weniger wegen meiner Spieltechnik, als vielmehr dieser herrlichen Gitarre wegen…

Fast 10 Jahren hab ich sie jetzt, und sie ist die unerreichte Queen meines Gitarren-Harems. Je mehr ich über sie weiß, desto mehr wächst sie mir ans Herz- und wie gut das Schätzchen für ihr Alter noch aussieht, ist sowieso unglaublich… (ich schweife schon wieder ab! 😉

Meine besten Wünsche und Grüße an alle, die ihre Artur Lang schätzen und lieben! Und meine höchste Wertschätzung und herzlichsten Dank an Dich, Herbert Rittinger, für deine tolle Arbeit, die du machst!

Liebe Grüße von’ne Küste

Klaus G. Otto